
Viele Menschen sind am Hafen von Yalta unterwegs und genießen das frühlingshafte Wetter.
Auch diesmal bin ich mit einem schweren Rucksack voller schlechtem Gewissen ob unserer Außenpolitik gegenüber Russland auf die Halbinsel Krim gereist. Ich wusste, dass die Sanktionen und die Ölpolitik der Bevölkerung dort zusetzen und Russland zunehmend wirtschaftlich schaden. Auch war mir klar, dass die eindeutige Parteinahme unserer Regierung, zu Gunsten der ukrainischen Regierung im Bürgerkrieg in der Ostukraine, die russische Seele verletzt.
Umso überraschter waren meine Eindrücke vor Ort.
Das Leben in und um Yalta (Jalta) ist völlig normal. Russen, Ukrainer und Tataren, so mein Eindruck, leben wie gewohnt miteinander und nebeinander.
Es herrscht die allgemeine Meinung, dass der Konflikt in der Ukraine von außen hereingetragen wurde. Russenhass von Ukrainern und Hass auf Ukrainer von Russen habe ich in keiner Sekunde zu spüren bekommen.
Viele Ukrainer und Russen dort kennen sich ein Leben lang, sind teilweise familiär miteinander vermischt, lassen sich nicht gegeneinander aufhetzen.
Ebenfalls ist es interessant, wenn man auf die politischen Entwicklungen in Deutschland schaut, dass das Leben dort ein Musterbeispiel an Toleranz und Akzeptanz verschiedener Religionen ist.

Eine kleine Kirche in Yalta.
Russisch orthodoxe und katholische Kirchen gehören zum Stadtbild. Ebenfalls gibt es einige Moscheen für Muslime. Kein Wunder, denn hier leben seid vielen Jahrhunderten viele Religionen friedlich neben- und miteinander.

eine russisch orthodoxe Kirche in Yalta
Das Zusammenleben und die gegenseitige Akzeptanz der unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen zeigt sich in vielen Nuancen. So war ich zum Beispiel in „Koreis“ , einer Stadt ca. 30 km entfernt von Yalta (Jalta), in einem unscheinbaren aber sehr beliebtem tatarischen Restaurant. Die Speisekarte beinhaltete natürlich typische und sehr schmackhafte tatarische Speizialitäten, wie Plow, ein Reisgericht, Julia Kebab, ähnlich Cevapcici und Chebureki, eine Teigtasche gefüllt z.B. mit Fleisch oder Käse. Es gibt aber auch Bortsch und Solianka.

Unscheinbar, aber sehr gut und beliebt, ein tatarisches Restaurant in Koreis.
Die Gäste, meist Russen und Ukrainer lieben dieses Restaurant. Ein echter Geheimtipp!
Auch fiel mir auf, dass in Restaurants meist ukrainische Fernsehsender liefen. Auf Nachfrage wurde mir gesagt, dass das ukrainische Fernsehprogramm moderner sei als dass Russische. Die Aussage bezog sich aber nur auf die Krim, nicht auf Moskau oder St. Petersburg.
In einer weiteren Diskussion wurde mir klar, das auch die russischen Medien ihre Arbeit verstehen. Ähnlich, wie bei uns, wo die Medien versuchen die Bevölkerung auf Kurs der Regierung zu halten, ist es in Russland. So waren natürlich die PEGIDA -Demonstrationen ein großes mediales Thema. Die Folge daraus, es gibt nicht wenige Menschen dort, die glauben, dass Angela Merkel in Deutschland heftigen Gegenwind zu spüren bekommt. Leider musste ich diese Einstellung korrigieren und klar stellen, dass Frau Merkel innenpolitisch ziemlich fest im Sattel sitzt und ihre Außenpolitik mit viel zu viel Gleichgültigkeit hingenommen wird.
Was mir ebenfalls sehr zu Denken gegeben hat ist ein weiterer Fakt. Sehr viele Ukrainer, vornehmlich aus dem Osten der Ukraine fliehen auf Krim, wohl wissend dass die Halbinsel Krim nun russisch ist. In meinen Augen ein Indiz, nein mehr noch, ein Beweis dafür, das der Krieg dort nicht der Krieg der Bevölkerung ist. Der Krieg ist untypisch, kein normaler Krieg. Es gibt keine Front von Russen gegen Ukrainer und Ukrainer gegen Russen. Die Menschen wollen diesen Krieg nicht, sie sehen keinen Sinn in dieser Konstellation. Der Krieg basiert eindeutig auf Gründen die nicht von der Bevölkerung getragen werden. Ich würde mir wünschen, dass unsere Politiker mal einen Ausflug in diese Region machen, mit den Menschen dort reden, zur Kenntnis nehmen, dass viele ukrainische Flüchtlinge dort sind, weil sie nicht in die ukrainische Armee eingezogen werden möchten, dass die Ukrainer, zumindest die Ostukrainer, ein Problem damit haben ein Feindbild gegen die pro-russischen Separatisten aufzubauen. Die Menschen dort sind sich nicht Feind und wollen keinen Krieg!
Liebe Leser, bitte denkt darüber nach, und wenn Ihr es nicht glauben wollt, beantragt ein russisches Visum und überzeugt Euch vor Ort davon, dass hier etwas schäbiges, verwerfliches und ethisch nicht vertretbares passiert! Die Sanktionen sind ein Farce (Ich wiederhole mich). Wenn Völkerrecht für Völker gemacht wurde, dann ist die Argumentation der EU, der USA und unserer Regierung, im Falle der Krim, mehr als scheinheilig!

Am Gipfel des Ai Petri, einem Berg nahe Yalta (Jalta) erkennbar tatarisch (muslimisch) geprägt.